Haushaltsrede 2021

Mit dem Haushalt für das Jahr 2022 befindet sich die Gemeinde Haar erstmals in der Situation, vor der die CSU-Fraktion lange gewarnt hat: Die Einnahmen reichen gerade aus, um die wichtigsten Ausgaben zu decken; die Investitionen müssen deutlich zurückgefahren werden.

Dabei hatte die Gemeinde in den letzten beiden Jahren Glück: Unerwartete zusätzliche Einnahmen aus der Gewerbesteuer haben die jetzt eingetretene Situation abgefedert.

Es gibt offensichtlich in den anderen Fraktionen zum Teil die Hoffnung, dieser Effekt würde  sich auch in diesem Jahr wiederholen. Herr Kollege Fäth spricht von „stillen Reserven“ im Gemeindehaushalt, Herr Kollege Seckinger verkündet einen  „grünen Optimismus“.

Wir wären  – natürlich – alle glücklich, wenn es so käme. Nur: Dafür gibt es keine belastbaren Hinweise. Das „Prinzip Hoffnung“ gehört nicht zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung, sondern das Vorsichtsprinzip.

Leider hat der Vorschlag unserer Fraktion, die sog. Freiwilligen Leistungen im Gemeindehaushalt für nächstes Jahr gegenüber den Ansätzen im Haushalt 2021 generell um jeweils 5 % zu kürzen, bei den anderen keine Zustimmung gefunden. Dies wäre für jeden verkraftbar gewesen, hätte jedoch eine Trendumkehr bedeutet und daher der Rechtsaufsichtsbehörde gezeigt, dass die bisherige Tendenz jährlicher Erhöhungen sich nicht fortsetzt. Dass die Kürzung, die sich in der Summe auf einen mittleren sechsstelligen Betrag belaufen hätte, nicht deutlicher ausgefallen ist, hätte man mit den Sondersituation „Corona“ überzeugend begründen können. So laufen wir Gefahr, dass die Rechtsaufsicht ihre jahrelange Drohung wahr macht und den Haushalt 2022 nicht genehmigt, weil diese sog. Freiwilligen Leistungen zu hoch sind. Wenn dies so käme, wäre klar, wer die politische Verantwortung dafür trägt, dass der Haushalt nicht in Kraft treten kann.

Bedauerlich ist, dass die Gemeinde in der letzten Amtsperiode „kurz vor Toresschluss“ noch Vorhaben in Angriff genommen bzw. realisiert hat, die uns jetzt Probleme bereiten:

  • Für die Folgenutzung des alten Maria-Stadler-Hauses hatte unsere Fraktion eine reine Wohnungsnutzung oder – im Erdgeschoss des Gebäudes – eine Tagespflege für Senioren vorgeschlagen. Dies hätte dazu geführt, dass das Vorhaben mit deutlich höheren Zuschüssen gefördert worden wäre und den Gemeindehaushalt kaum belastet hätte. Die damalige Mehrheit bestand darauf, im Erdgeschoss ein neues sog. Technisches Rathaus zu bauen, für das die Gemeinde allein aufkommen muss. Jetzt hat sich herausgestellt, dass von den in Aussicht genommenen  ohnehin geringeren Zuschüssen ein Betrag von 800.000.-€ nicht kommen wird. Dies reißt ein zusätzliches Loch in den Gemeindehaushalt.
  • Mit der Erweiterungsbau für die Jagdfeldgrundschule hat sich die Gemeinde ein Schulhaus geleistet, das – vorsichtig formuliert – höchsten Ansprüchen genügt, für welches – wie sich später herausgestellt hat – aber jedenfalls derzeit kein Bedarf besteht. Nun könnte man einwenden, dass dieser Bedarf entstehen wird, wenn das sog. Ganztagsförderungsgesetz im Jahr 2026 in Kraft treten wird, das einen Betreuungsanspruch für jedes Grundschulkind von täglich 8 Stunden begründet. Nun ist nur leider so, dass der Bund in diesem Gesetz zwar auch erhebliche Zuschüsse für Investitionen in Gebäude gewährt, aber nur für Vorhaben, die ab dem Inkrafttreten dieses Gesetzes, also ab 2021 begonnen werden. Man sieht: Nicht nur den, der zu spät kommt, bestraft das Leben, sondern auch den, der zur falschen Zeit handelt.

Wir haben uns in der Vergangenheit nicht an der alten Weisheit orientiert: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not.“ Wir verwirklichen stattdessen jetzt die Sponti-Version: „Spare in der Not, da hast du Zeit dazu.“

Wir werden also zukünftig, um ein Bild aus dem Bäckerhandwerk zu gebrauchen, „kleine Brötchen backen“ müssen – und dies nicht nur im Jahr 2022, sondern mittelfristig, voraussichtlich bis 2025.

Voraussetzung, dafür, dass wir diesen Haushalt 2022 und die Folgehaushalte so fahren können wie geplant, ist, dass wir keine Einbrüche bei der Gewerbesteuer erleiden. Es ist kein Naturgesetz, dass die Gewerbesteuer immer nur höher ausfallen wird als geplant. Wir haben in der Vergangenheit auch schon das Gegenteil erlebt.

Der Haushalt 2022 ist zwar, wie Herr Kollege Siemsen schon gesagt hat, „auf Kante genäht, erfreulich ist aber, dass er uns – unter der soeben genannten Voraussetzung – erlaubt, Vorhaben wie den Neubau der Jugend-Freizeitstätte “DINO“ oder den Ausbau und die energetische Sanierung von Wohngebäuden der Gemeinde in Angriff zu nehmen.

Eines muss jedoch klar sein: Die beschriebene Haushaltssituation wirkt sich nicht nur auf die Planung des Haushalts aus. Sie hat auch Auswirkungen auf den Vollzug dieses Haushalts. Dies bedeutet, dass die Ansätze für die Ausgaben unbedingt eingehalten werden müssen. Wir sind nicht mehr in der Lage, bei Erhöhungen einfach Geld draufzulegen. Dies bedeutet weiterhin, dass Planungsaufträge Kostengrenzen für das jeweilige Vorhaben  enthalten müssen. Was in der Industrie unter dem Schlagwort „Design-to-cost“ (Gestaltung eines Produkts unter Einhaltung von Kostenvorgeben) praktiziert wird, muss auch bei uns stattfinden.

Ich bin daher dem Herrn Bürgermeister dankbar, dass er dies bereits aufgegriffen und für das ebenso komplexe wie komplizierte Bauvorhaben „Erneuerung des Gasthofs zur Post/Sanierung Bürgerhaus“ den Gemeinderat aufgefordert hat, dieses Vorhaben durch eine eigene Arbeitsgruppe genau zu begleiten.

Im Namen meiner Fraktion danke ich dem Herrn Bürgermeister, dem Herrn Kämmerer und allen Mitarbeitern der Verwaltung für die kompetente Aufstellung des Haushalts. Ich danke aber auch den anderen Fraktionen, dass wir in guter Atmosphäre die notwendigen Diskussionen führen konnten und fordere sie zugleich auf,  dass wir beim Vollzug des Haushalts dies ebenso tun können.             

Mit weihnachtlichen Grüßen, Ihr Dietrich Keymer.