Gemeinderatssitzung vom 27.9.22 – JA oder NEIN für ISAR AEROSPACE

Eine vertane Chance für die Zukunft der Gemeinde Haar

Zur Änderung des Flächennutzungsplanes der „Finckwiese“ für die Ansiedlung des Raketenbauers „Isar Aerospace“

Als „Black Tuesday“ bezeichnete Peter Siemsen (FDP) den 27.09.2022, an dem der Haarer Gemeinderat mit den Stimmen von SPD und Grünen die Ansiedlung der High-Tech-Unternehmen „Isar Aerospace“ und „Blackwave“ auf der „Finckwiese“ in Haar verhinderte.

Es hätte der Beginn für die Entwicklung Haars zum High-Tech-Standort vor den Toren Münchens werden können, wenn es nach den Vorstellungen von Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) und den Gemeinderatsfraktionen von CSU und FDP gegangen wäre. Doch mit 16:14 Stimmen setzten sich die Gegner dieses Vorhabens aus den Reihen von SPD und Grünen durch.

Zu Beginn der Debatte des Tagesordnungspunktes 11 „Flächennutzungsplanänderung der Finckwiese zur Ansiedlung der Firma Isar Aerospace“ appellierte Bukowski an die Gemeinderatsmitglieder: „Wenn wir heute ablehnen, dann verpassen wir eine Chance und haben letztlich gar nichts, denn die Anfragen von großen Unternehmen, die uns in Haar etwas bringen, waren in der Vergangenheit doch sehr überschaubar“. Schon im Vorfeld der Abstimmung wurden im Bauausschuss bereits Argumente für und gegen die Firmenansiedlung ausgetauscht. Dabei äußerten die Gegner Bedenken bzgl. der Ortsbildentwicklung, der teilweisen Rodung des Bannwalds und der potenziellen Verkehrsbelastung auf der B304 durch die Ansiedlung eines Produktionsbetriebs, ohne sich dabei den Argumenten für eine Ansiedlung von Isar Aerospace zugänglich zu zeigen.

Dabei liegen die Argumente für eine Ansiedlung von Isar Aerospace auf der sog. Finckwiese in Haar auf der Hand. Isar Aerospace ist ein junges, deutsches Unternehmen zur Herstellung kleiner Trägerraketen für Weltraummissionen – und die Weltraumbranche wächst massiv. Die Ansiedlung eines derart zukunftsträchtigen Unternehmens in Haar wäre eine Chance für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung Haars gewesen. Circa 500 bis 600 hochqualifizierte Arbeits- und Ausbildungsplätze hätten in Haar entstehen sollen. Laut Angaben des Unternehmens sind die Auftragsbücher voll, was zu dringend benötigten Gewerbesteuereinnahmen für die Gemeinde aller Voraussicht nach ab dem Jahr 2028  geführt hätte. Der Image-Gewinn als High-Tech-Standort wäre für die Gemeinde ebenfalls nicht zu vernachlässigen, ganz zu schweigen vom Potenzial, weitere Zulieferunternehmen anzuziehen, die zur wirtschaftlichen Entwicklung der Gemeinde beigetragen hätten. Das Beispiel der Firma Blackwave, das bereits einen gemeinsamen Standort mit Isar Aerospace sucht ist das beste Beispiel.

Neben diesen Argumenten konnte selbst ein Kompromissvorschlag von Bürgermeister Bukowski, der zur Vermeidung der teilweisen Bannwaldrodung geführt hätte, die Meinung der Gegner nicht umstimmen. Dafür hätte die Gemeinde auf die Ansiedlung der Firma Blackwave verzichten müssen.

Die Ablehnung des Antrags zur Ansiedlung von Isar Aerospace ist angesichts des Mangels an Alternativen umso weniger nachvollziehbar. Mit dem Wegzug der Unternehmenszentrale von MSD aus Haar und den damit versiegenden Gewerbesteuereinnahmen ist die Haushaltslage der Gemeinde höchst angespannt. Die Ansiedlung neuer, gewerbesteuerträchtiger Unternehmen ist daher von großer Dringlichkeit, doch es mangelt an Interessenten. 

Vor diesem Hintergrund erscheinen die Argumente der SPD-Fraktion fast absurd: Die gewerbliche Nutzung der Finckwiese „schlummere“ bereits seit langem und man habe keine Eile, dies zu ändern, so SPD-Mitglied Peter Paul Gantzer. Eine Änderung des Flächennutzungsplanes brächte außerdem nur dem Eigentümer der Finckwiese, dem Gewerbeimmobilienentwickler DIBAG „Spekulationsgewinne“ ein. Diese Haltung lässt darauf schließen, dass die SPD grundsätzlich einer Gewerbeansiedlung auf der Finckwiese entgegensteht und dies angesichts der dringend benötigten Gewerbesteuereinnahmen! Ferner habe die Gemeinde keinen Auftrag, Arbeitsplätze zu schaffen, so Gantzer weiter.

Die Plädoyers der CSU-Fraktionsmitglieder konnten an dieser Haltung bis zuletzt nichts ändern. So entgegnete der CSU-Fraktionsvorsitzende Dietrich Keymer: „Wenn wir diese Gelegenheit ablehnen sitzen wir auf einem sehr hohen Ross“, was sich die Gemeinde nicht leisten könne, zumal mehrere Nachbar-Gemeinden aktiv um die Ansiedlung von Isar Aerospace buhlen. Thomas Reichel (CSU) gab zu bedenken, wer nicht für die Ansiedlung von Unternehmen und damit für Gewerbesteuereinnahmen sorge, der könne auch nicht „aus dem Vollen bei den Ausgaben schöpfen“. Dies führe zu einer „Abwärtsspirale“ für den Wohlstand der Gemeinde, so Fraktionskollege Hannes Geiger (CSU). Stefan Dümig fasste zusammen: „Es braucht heute Mut, Courage und Verantwortung. Eine Ablehnung wäre ein Nein für die Zukunft der Gemeinde“.

Doch SPD und Grüne blieben geschlossen bei ihrer Haltung. „Wir hoffen, dass jemand besseres kommt“, so Mike Seckinger (Grüne). Diese Hoffnung ist jedoch angesichts der sich verschärfenden wirtschaftlichen Gesamtlage und dem faktischen Mangel an alternativen Interessenten weitestgehend unberechtigt. Die wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde bleibt folglich höchst ungewiss.

Autor: Manuel Bauer